Der Spruch aus Matth. 5, 44-45 ist im Losungsbuch ja verkürzt abgedruckt. Mit dem Nebensatz: „ damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet“, bekomme ich den Eindruck, dass ich mit der Erfüllung der Feindesliebe das Gotteskindsein selber erwirke.

Daher möchte ich uns die Lutherübersetzung noch gönnen.

„Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut denen Gutes, die euch hassen, betet für die, die euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel   s e i d   ( im griechischen Text steht auch seid). Ich höre daraus – ihr   s e i d   Kinder des Vaters im Himmel, und nun lebt es auch!

Gott, die Liebe selbst, erschafft die Welt und den Menschen mit allen Geschöpfen. Damit gibt Er dem Leben einen Sinn. Daher kommt es dem Menschen zu, zu lieben. Es ist seine Bestimmung!

Die Liebe will nicht als Tugend verstanden werden, sondern als ein mächtiges Ergriffensein unseres ganzen Lebens. Sie ist die Sprache unseres Herzens, also unseres Mittelpunktes. Die Liebe, als eine geschenkte Kraft Gottes, bleibt mit Glaube und Hoffnung Gottes Möglichkeit in Deinem und meinem Leben. So ist es möglich, das Gute im anderen hervorzulieben. Denn der andere oder die Gemeinde wird nicht zurechtkritisiert sondern zurechtgeliebt. Das heißt, ich gönne dem Anderen das Leben.

Gott hat uns zuerst geliebt und sich in Seinem Sohn selbst gegeben. Diese Liebe entsteht in der Begegnung mit der Person Jesu, bleibt und entfaltet sich ihrem Wesen nach als Gemeinschaft. Sie macht sich mit uns eins. So äußert sich unser Lieben auch in einem tiefen Sehnen nach der Nähe Gottes. So ist die Liebe Hingabe meines Willens, die mein ganzes Tun auf die Ziele Gottes richtet. Er ist in Seinen Werken und Geschöpfen zu entdecken.

Ich kann nicht behaupten, ich hätte eine starke und echte Liebe gegenüber Feinden, aber Jesus fordert dazu auf und nennt Hilfen dazu: Segnen, Gutes tun und Fürbitte. Er trägt auch die Schurken. Meine Einschätzung und mein Urteil kommt oft, Gott sei es geklagt, aus der Eigenliebe, der Angst, dem engen Herzen und dem eingeschränkten Horizont. Gott aber sieht an mit den Augen der Barmherzigkeit. Er kann auch mich barmherzig werden lassen, die Freiheit des Anderen zu respektieren, Ehrfurcht, Wertschätzung und Hochachtung zu üben.

Die Liebe ist eine Kraft, die alles hofft, trotz aller Verirrung und Verlorenheit der Menschen. Es ist diese Hoffnung und das Vertrauen, das wir dem Anderen entgegenbringen, was Vorurteile, Hass und Zerstörung überwindet.

 

In der Liebe Jesu

Eure E. Hildebrandt